Stand Up Initiative
 

Diskrminierung behinderter Menschen

Mehr als zehn Millionen Menschen leben in Deutschland mit einer Behinderung, davon wenigstens acht, die schwerbehindert oder mit Schwerbehinderten gleichgestellt sind.

Das Spektrum ist weit, reicht von Blindheit oder Querschnittslähmung bis hin zu Erkrankungen wie Morbus Crohn. Behinderungen können das Ergebnis eines angeborenen Gendefekts, eines chronischen Leidens oder eines Unfalls sein – grundsätzlich kann jeder Mensch in seinem Leben betroffen sein. Fakt ist, dass hinter dem Etikett „Behinderung“ talentierte, motivierte und vielfältig interessierte Menschen stecken, die überwiegend genauso gut und gern arbeiten können und wollen wie jeder andere auch.

Gesetzliche Vorgaben

Spätestens seit Bestehen der UN-Behindertenrechtskonvention 2008, die auch von Deutschland ratifiziert wurde, sollen Menschen mit Behinderungen dieselben Rechte und Teilhabemöglichkeiten haben wie solche ohne Behinderung. Um dies zu gewährleisten und Diskriminierung zu verhindern, wurden eine Reihe Gesetze erlassen und Stellen eingerichtet.

Dazu zählen beispielsweise eine staatliche Anlaufstelle, ein Beauftragter der Bundesregierung und eine Monitoringstelle, die die Überwachung der Umsetzung garantieren. Gleichzeitig dienen Gesetze zur Barrierefreiheit und im Arbeitsrecht der konkreten Ermöglichung dieser Teilhabe.

Hierzu gehört beispielsweise die Einrichtung einer Behindertenquote von 5 %, die jedes Unternehmen unter Androhung einer Geldstrafe erfüllen muss. Soweit die Theorie. Bei Betrachtung dieser Umstände könnte angenommen werden, dass die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Personen längst kein Thema mehr ist. Die Realität sieht jedoch anders aus.

Aktuelle Situation

Von ca. 165.000 Unternehmen, die in der Pflicht stünden, behinderte Arbeitnehmer einzustellen, mussten 2017 knapp 100.000 eine Ausgleichabgabe zahlen – weil sie die Quote unterschritten.

Dabei fallen vor allem private Unternehmen ins Gewicht, die eine deutlich niedrigere Beschäftigungsrate aufweisen als der öffentliche Dienst. In Beschwerde- und Beratungsstellen berichten Betroffene immer wieder, dass sie gar nicht erst zu Bewerbungsgesprächen eingeladen oder mehr oder weniger unverhohlen aufgrund ihrer Behinderung abgelehnt werden.

Dabei handelt es sich häufig um Menschen mit der gleichen oder sogar einer höherwertigen Ausbildung als ihre Konkurrenten. Zudem berichten Arbeitgeber über positive Erfahrungen mit behinderten Mitarbeitern – oft seien beispielsweise bessere zwischenmenschliche Fähigkeiten gegeben.

Woran liegt die niedrige Einstellungsquote dann? Hier gibt es verschiedene Ursachen und Meinungen, je nachdem wer gefragt wird. Betroffene und Berater berichten häufig, dass Vorurteile aufseiten der Arbeitgeber die größten Hindernisse seien. Auch der bessere Kündigungsschutz schrecke ab. Andererseits bemängeln Arbeitgeber oft, keine oder widersprüchliche Angaben zu finanzieller und logistischer Unterstützung bei der Beschäftigung behinderter Arbeitnehmer zu erhalten.

Sie fürchten auf unkalkulierbaren Kosten sitzen zu bleiben und wählen daher die Ausgleichabgabe als vermeintlich kleineres Übel. Aber auch ein Mangel an geeigneten Kandidaten wird beklagt – nicht selten finde sich kein Bewerber mit der richtigen Qualifikation. Studien belegen allerdings auch, dass es behinderte Menschen schon bei der Arbeitsvermittlung durch Jobcenter schwer haben. Druck durch Vermittlungsquoten, Unverständnis und Vorurteile führen dazu, dass nicht behinderte Kandidaten bevorzugt werden. Behinderte hingegen müssen sich häufig mit Arbeit in Behindertenwerkstätten abfinden – selbst wenn sie eine andere Stelle in Aussicht haben oder überqualifiziert sind.

Ausblick

Um die Teilhabe behinderter Menschen im Arbeitsleben zu verbessern, gibt es verschiedene Ansätze. Einige Stellen sehen die Lösung in höheren Strafen bei Unterschreiten der Quote.

Andere sind der Ansicht, mehr Aufklärung, bessere gesamtgesellschaftliche Inklusion und eine bessere Information über Unterstützungsmöglichkeiten für Arbeitgeber wären hilfreich. Unbestreitbar jedoch ist, dass der Weg zur Gleichberechtigung behinderter Menschen im Arbeitsleben noch nicht zu Ende gegangen ist.